"Alle werden wieder sagen, ich hätte tiefgestapelt, aber das ist mir egal. Fakt ist, dass wir kurz davor waren dieses Spiel abzusagen“, sagte Jörg Adam, Trainer der Görlitzer Oberliga-Handballerinnen nach dem 33:23-Sieg beim BSV Magdeburg, vor dieser Partie immerhin Tabellenvierter der Liga und in den vergangenen Jahren äußerst unbequemer Gegner für die Görlitzerinnen. Ursache für die Fast-Absage: Der ohnehin schmale Kader der Koweg-Frauen war durch Verletzungen und Erkrankungen mächtig geschrumpft. Jelena Bader, der Kopf der Mannschaft, Maren Kühn und Wiktoria Blasczcyk fehlten, drei weitere der insgesamt neun Spielerinnen (davon zwei Torhüterinnen) liefen unter Schmerzen auf. Und am Ende steht ein so klarer Sieg.
„Das hier ist für uns ein irrsinnig emotionaler Erfolg“, sagt Adam auch deshalb. Es ist der achte Sieg im achten Spiel – eine Serie, an die er selbst vor der Saison nicht geglaubt hat. In Magdeburg begann seine Mannschaft mit vielen jungen Spielerinnen in den Reihen abgezockt, emotionslos und hochkonzentriert. Nach fünf Minuten stand es 0:4, nach zehn Minuten 2:8. „Wir haben die Magdeburgerinnen förmlich abgezogen“, befand der Trainer. Fortan ging es seiner Mannschaft vor allem um Sicherheit und Effektivität. So kraftsparend wie möglich sollte der Vorsprung konserviert werden. Das aber gelang nicht. Die Magdeburgerinnen kamen nach und nach wieder heran, schafften zwei Sekunden vor der Halbzeit sogar den 12:12-Ausgleich. „Das lag nicht an unserer Defensivarbeit, auch wenn wir vielleicht ein paarmal schlecht gestanden haben. Ursache war, dass wir im Angriff zu emotionslos, fast zu cool agieren wollten und uns deshalb zu selten durchgesetzt haben“, erklärt der Trainer. Beleg dafür: in den 16 Minuten vor der Pause gelangen seiner Mannschaft gerade einmal zwei Tore.
Unentschieden zu Pause – und die Görlitzerinnen nur mit einer Wechselspielerin auf der Bank – Gedanken über konditionelle Probleme machen musste sich der Trainer aber nicht. Im Gegenteil: Es war schon abzusehen, dass diesbezüglich die Vorteile eher bei den Görlitzerinnen liegen würden. Deshalb auch die Spielidee – neben mehr Emotion und Risiko bei den Angriffsaktionen – mit zwei Kreisläuferinnen zu spielen und weite Pässe vor der Abwehr zu spielen, um die Magdeburgerinnen noch mehr laufen zu lassen. Damit waren die Gastgeberinnen überfordert, bezahlten dazu ihre nachlassende Kondition mit einigen Fehlern, die die Gäste auch zu einfachen Kontertoren nutzte. Die Görlitzerinnen zogen direkt nach der Pause mit drei Toren in Folge davon. Danach pegelte sich der Vorsprung auf drei bis fünf Tore ein, bevor sie in den sechs Minuten ab Spielminute 47 (18:22) auf 20:27 davonzogen. Das Spiel war entschieden. Klara Klegrova, die erneut auf neun Treffer kam, erzielte zum wiederholten Mal in den vergangenen Wochen das 30. Tor, was sie zu einer Runde im Team verpflichtet.
Herausheben wollte Jörg Adam nach dem Spiel niemand: „Es wäre vermessen, das bei so einem kleinen Kader zu tun. Da haben alle ihren Anteil dran.“ Aber natürlich haben Kinga Lalewicz (10 Tore) und auch die junge Leonie Rösel (8) neben Klara Klegrova überzeugt. Lydia Wrzal, die ohne Jelena Bader die volle Verantwortung im Spielaufbau tragen musste, hat diese Aufgabe gut gelöst. Und Torfrau Romy Klaus hat vor allem in der ersten Halbzeit einige wichtige Bälle gehalten. Jedenfalls, so versicherte Jörg Adam noch in Magdeburg, stünde jetzt eine lustige Heimfahrt bevor.
Insgesamt sehne seine Mannschaft die kurze Weihnachtspause herbei. „Wir kämpfen uns mit Müh und Not ins Ziel“, beschreibt er den Zustand seines Teams. Ein letztes Heimspiel gegen den Tabellenvorletzten HV Rückmarsdorf am kommenden Sonntag steht noch davor. Adam hofft, dass möglichst viele Zuschauer kommen. Das Ziel heißt jetzt natürlich, die perfekte Hinrunde mit dem neunten Sieg im neunten Spiel zu vollenden – und dann gemeinsam zu feiern.
Koweg: Klaus, Haasler – Wrzal (2), Grätz (3), Klegrova 9(4), Lalewicz 10 (2), Rösel 8(1), Zychniewicz, Girbig.
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